Im Zuge der Pandemie hat der Aufwand für Unterschriftensammlungen zugenommen. Trotzdem ist es der Plattform WeCollect gelungen, ihre Referendumsfähigkeit erneut unter Beweis zu stellen.
Wer in der Schweiz politisch mitreden will, muss in der Lage sein, 50‘000 Unterschriften in 100 Tagen zu sammeln. Gelingt einer Organisation dieser Kraftakt, gehört sie zum exklusiven Kreis derer, die als «referendumsfähig» gelten und bei der Ausformulierung von Gesetzen eine wichtige Rolle spielen können. Denn der Bundesrat und das Parlament wissen, dass jedes Gesetz mehrheitsfähig sein muss, um nicht an der Urne zu scheitern.
Bisher galten nur straff geführte Verbände, Parteien oder nationale Organisationen als referendumsfähig. Mit der Demokratie-Plattform WeCollect hat sich dies grundlegend geändert. Dank dem digitalen Adressbuch mit über 60’000 engagierten Bürger:innen ist es auch für kleinere Netzwerke möglich, ein Referendum zu starten, wenn ihre Interessen und Bedürfnisse im Parlament nicht berücksichtigt werden.
Ein Meilenstein für die Unterschriftensammlung mit WeCollect war das E-ID-Referendum, das an der Urne gewonnen wurde. Der Bundesrat und das Parlament wollten einen radikalen Systemwechsel: private Unternehmen sollten in Zukunft den digitalen Schweizer Pass (E-ID) ausstellen und sensible private Daten verwalten. An die Stelle des staatlichen Passbüros wären Grossbanken, Versicherungsgesellschaften und staatsnahe Konzerne getreten. Dagegen hatte ein zivilgesellschaftliches Bündnis das Referendum ergriffen und am 7. März 2021 mit 64 Prozent Nein-Stimmen einen deutlichen Sieg errungen.
Das E-ID-Referendum zeigt auch, dass ein Referendum keinesfalls ein «destruktives» Mittel sein muss. Das «Nein» an der Urne hat nämlich, anders als vom Bundesrat befürchtet, nicht die Digitalisierung an einem empfindlichen Punkt blockiert. Im Gegenteil − erst die Ablehnung des Gesetzes machte den Weg frei für eine staatliche, dezentrale und datensparsame E-ID.
Der Erfolg des E-ID-Referendums war für die Demokratie-Plattform WeCollect ein wichtiger Schritt. Zwar war es mit zivilgesellschaftlichen Allianzen mehrfach gelungen, die nötigen 50‘000 Unterschriften zu sammeln − ein Sieg an der Urne war jedoch bisher ausgeblieben. Der Schwung aus dieser Abstimmung war zudem wichtig für weitere WeCollect-Projekte, deren Startbedingungen noch schwieriger waren.
Nicht zu unterschätzen waren auch die Folgen der Massnahmen während der Covid-Pandemie, die den Aufwand für Unterschriftensammlungen deutlich vergrösserten, weil sie auf der Strasse und an Veranstaltungen kaum mehr möglich waren. Trotzdem wagte es im Herbst 2021 eine kleine Organisation, ein Referendum zu starten. Das «Migrant Solidarity Network» stemmte sich gegen ein Gesetz, mit dem die europäische Grenz- und Küstenwache Frontex ausgebaut werden sollte, obwohl Beweise für die Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen auf dem Tisch lagen.
Einen Monat vor Ablauf der Frist waren erst 25‘000 Unterschriften für das Frontex-Referendum zusammen gekommen und die Weihnachtsferien standen vor der Tür. Die Medien hatten das Referendum bereits abgeschrieben, als ein veritabler Schlussspurt gelang und engagierte Bürger:innen in wenigen Wochen 40‘000 Unterschriften sammelten. Auch bei dieser beeindruckenden Mobilisierung spielte die Demokratie-Plattform WeCollect eine entscheidende Rolle.
Mit dem Frontex-Referendum ist es WeCollect gelungen, die Referendumsfähigkeit erneut unter Beweis zu stellen – dies unter pandemiebedingt erschwerten Bedingungen. Dieser Erfolg ist besonders ermutigend für alle kleineren Organisationen und Netzwerke, die darum kämpfen, dass ihre Anliegen im Parlament auch gehört werden.
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