Im September 2024 hat der Tagesanzeiger einen Unterschriften-Skandal aufgedeckt. Doch in Bundesbern bewegt sich wenig. Mit dem Schreibroboter machen wir auf das potenzielle Ausmass der Fälschungen aufmerksam.
«Das ist ja erschreckend!» So reagierte Ständerätin Binder-Keller, als Daniel Graf ihr im Bundeshaus mit einem Schreibroboter demonstrierte, wie einfach Unterschriften gefälscht werden können. Vor Ort war auch ein SRF-Reporter, der alles für einen Beitrag in der Sendung 10 vor 10 filmte.
Wenige Massnahmen gegen Unterschriftenfälschungen
Das Problem ist seit längerem bekannt: Gewisse kommerzielle Sammelfirmen fälschen Unterschriften für Initiativen und Referenden. Der Tagesanzeiger berichtete Anfang September 2024 darüber. Doch Bundesrat und Bundeskanzlei verzichteten auf Sofortmassnahmen. Die Bundeskanzlei berief einen Runden Tisch ein. Auch wir, die Stiftung für direkte Demokratie, nehmen teil. Dass kommerzielle Sammelfirmen mit am Tisch sitzen, ist uns seit Beginn ein Dorn im Auge.
Immerhin verschärfte die Bundeskanzlei ihre Kontrollen. Es stellte sich Ende Januar heraus, dass über 21’000 Unterschriften auf Listen für fünf verschiedene Volksinitiativen gefälscht waren. Die Bundeskanzlei reichte eine weitere Strafanzeige gegen unbekannt ein. Nach Erkenntnissen aus der SRF Data-Recherche gehen wir von einer noch höheren Dunkelziffer aus.
Mit dem Schreibroboter Missstände aufdecken
Marc Wilmes, der Initiativen und Referenden professionell beglaubigt, berichtete dem SRF-Journalisten von unterschriebenen Bögen, «die wirkten, als kämen sie direkt aus dem Drucker».
Das zeigt: Die Gefahr für unsere direkte Demokratie ist noch viel grösser, als bisher angenommen. Bereits gibt es kostengünstige Schreibroboter, die Spezial-Schriften verwenden, die sich kaum mehr von Handschriften unterscheiden lassen. Mit kopierten oder gekauften Daten könnten so Tausende, ja Zehntausende Unterschriften für Initiativen und Referenden gefälscht werden.
Deshalb nahm Daniel Graf unseren Schreibroboter mit ins Bundeshaus, den er für 300 Dollar im Internet bestellt hatte. Dieser «druckt» Handschriften so täuschend echt, dass alle Parlamentarier:innen, denen er das Gerät vorführte, sagten: «Das würde meine Gemeinde ja nie merken!»
Trotzdem sieht die zuständige Bundeskanzlei keinen dringenden Handlungsbedarf und erklärte gegenüber SRF: «Mutmassungen, wonach Schreibroboter zur Fälschung von Unterschriften eingesetzt worden sein könnten, sind reine Spekulation.»
Unsere Arbeit gegen Unterschriftenfälschungen
Als Reaktion auf die Fälschungen haben wir parlamentarische Vorstösse mitvorbereitet und begleitet, die den Bund verpflichten wollen, E-Collecting in der Schweiz einzuführen. Der Ständerat und die zuständige Kommission des Nationalrats haben sich bereits mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen.
Die Bundeskanzlei hat im Auftrag des Bundesrates reagiert und einen neuen E-Collecting-Artikel in die Revision des Bundesgesetzes über politische Rechte (BPR) aufgenommen. Die Botschaft des Bundesrats wird Ende April erwartet, mit möglichem Abschluss der parlamentarischen Beratungen noch in der Wintersession im Dezember 2025.
Doch solange kriminelle Sammelfirmen nicht gestoppt werden, ist unsere direkte Demokratie weiterhin in Gefahr! Mit unserem Schreibroboter-Projekt zeigen wir erfolgreich, dass neue Technologien Risiken für die analoge Unterschriftensammlung bedeuten. Und wir bleiben dran! Denn wir wollen die direkte Demokratie wieder sicherer machen - ob auf der Strasse oder im Internet.
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Stiftung für direkte Demokratie
Die erste Crowd-Stiftung der Schweiz
Die Stiftung fördert die politische Partizipation der Bevölkerung und unterstützt zivilgesellschaftliche Projekte, welche sich für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung und Nachhaltigkeit einsetzen.
Gegründet 2020 als Stiftungsfonds unter dem Dach von Fondations des Fondateurs, gewährleistet die Stiftung den Betrieb der Demokratie-Plattform WeCollect und stellt digitale Werkzeug für die Lancierung von Initiativen und Referenden kostenlos zur Verfügung.
Als erste Crowd-Stiftung der Schweiz steht sie auf den Schultern einer wachsenden Community von engagierten Bürger:innen. Sie finanziert die laufenden Projektarbeit durch Spenden und Gönnerschaften.