Krimi im Bundeshaus – Sommersession 2024

Von Daniel Graf

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Der Start im Bundeshaus war wie ein Krimi. Seit der Sommersession ist Stiftungsrat Daniel Graf als Lobbyist für WeCollect in Bern unterwegs. Nun gibt Daniel einen Einblick, woran er während der Sommersession gearbeitet habe: Das Bemühungen für eine geschlechtsneutrale Identitätskarte, die Vorbereitungen zur Elternzeit-Initiative und ein Treffen am kommenden Dienstag, auf das sich auch Bundesrat Jans freut.

Von Daniel Graf, Stiftungsrat

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Break the Code: E-ID ohne Geschlechtseintrag

Vor meiner Abreise nach Bern, liefen die Drähte heiss: Mit Nemos Sieg beim Eurovision Song Contest war die Schweiz quasi über Nacht ein anderes Land geworden. Noch zwei Jahre zuvor weigerte sich der Bundesrat, nicht binäre Menschen gleichzustellen.

Nun öffneten sich plötzlich die Türen unter der Kuppel des Bundeshauses, um über Massnahmen für ein Leben ohne Diskriminierung, in Respekt und Würde zu diskutieren. Mehr als 17'000 Menschen hatten bereits den offenen Brief «Break the code» von Transgender Network Switzerland und We exist unterzeichnet, um nicht binäre Menschen anzuerkennen.

Jetzt wollten wir das Momentum nutzen! Denn die Schweiz ist gerade dabei, den Schritt zu einer digitalen Identitätskarte zu machen. Das Projekt heisst E-ID und wird zurzeit im Parlament diskutiert.

Mit der E-ID könnte die Schweiz die fehlende rechtliche Anerkennung von nicht binären Menschen ganz einfach einführen: mit dem Verzicht auf einen Geschlechtseintrag. Das beste Argument dafür ist mein alter Schweizer Pass, ausgestellt am 25. November 1983. Er enthält kein Geschlecht, aber Augen- und Haarfarbe.

Auch die Fachpersonen, mit denen wir uns austauschten, sagten: Eine E-ID ohne Geschlechtseintrag wäre technisch machbar, ein Meilenstein für die Schweiz wie für Europa und zudem aus Datenschutzgründen eine gute Idee. Leider sahen Politiker:innen das etwas anders: In der Wandelhalle überwog die Einschätzung, dass ein Antrag in der zuständigen Rechtskommission des Ständerates keine Chance hätte.

Was tun? Transgender Network Switzerland, das die Lobbying-Kampagne für die Rechte von nicht binären Menschen organisiert, beschloss, die Idee einer geschlechtsneutralen E-ID vorläufig nicht weiter zu verfolgen. Ein Grund dafür ist, dass das Bundesamt für Justiz zurzeit einen Bericht erarbeitet. Dieser soll aufzeigen, mit welchen Massnahmen die Situation verbessert werden könnte, ohne das binäre Geschlechtermodell rechtlich in Frage zu stellen.

Was ich mitgenommen habe: Es ist sehr schwierig, im laufenden parlamentarischen Prozess neue Themen einzubringen, auch wenn sie sehr aktuell und gut begründet sind. Deshalb ist es wichtig, Themen frühzeitig zu platzieren und eine breite öffentliche Debatte in Gang zu setzen.


Rundblick zur Elternzeit-Initiative

Auf eine Sitzung im Bundeshaus habe ich mich doppelt gefreut – wegen Ort und Thema. Ursprünglich sollte die Besprechung im Zimmer 339 stattfinden. Das herrschaftliche Turmzimmer war letzte Woche in die Schlagzeilen geraten. Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher hat den Raum zum Sitz der EMS-Chemie gemacht und ihn exklusiv reserviert.

So mussten wir uns mit Zimmer 325 «begnügen». Ein wunderschönes Sitzungszimmer mit Galerie und einem beeindruckenden Panoramablick auf das Bundeshaus. Dort trafen wir uns, um eines meiner Herzensprojekt zu planen: eine überparteiliche und breit abgestützte Initiative für eine Elternzeit.

Bereits 2016 war ich bei der Vaterschaftsurlaub-Initiative dabei, die auf der damals noch jungen Plattform WeCollect die Rekordzahl von rund 30'000 Unterschriften sammelte. Die Initiative wurde zurückgezogen, nachdem das Parlament einem zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub zugestimmt hatte.

Damit wurde ein erster, kleiner Schritt getan. In Sachen Gleichstellung hinkt die Schweiz anderen Ländern aber weiterhin hinterher. In kaum einem anderen Land haben Eltern so wenig Zeit für ihre Kinder. So kennt Schweden beispielsweise 68 Wochen Elternzeit, Österreich und Deutschland 60 Wochen und Finnland 52 Wochen.

An der erwähnten Sitzung im Bundeshaus haben wir über ein paritätisches Elternzeitmodell diskutiert. Unsere Initiative soll zur Gleichstellung beider Elternteile beitragen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern.

Ich freue mich darauf, Unterschriften zu sammeln! Gerne informiere ich Sie, sobald der Fahrplan für die Elternzeit-Initiative steht.

 

Kaffee mit dem Bundesrat

Nach dem grossartigen Sieg in Malmö wurde Nemo an der Medienkonferenz gefragt, wen Nemo als Erstes anrufen wolle: «Bundesrat Jans! Mit ihm will ich einen Kaffee trinken.»

Nach einem ersten Telefonat zwischen Jans und Nemo findet am kommenden Dienstag ein Treffen im Bundeshaus statt. Zusammen mit Personen vom Transgender Network Switzerland und We Exist darf ich als Vertreter der Stiftung für direkte Demokratie dabei sein. Im Gespräch wird es darum gehen, wie die Situation von nicht binären Menschen in der Schweiz verbessert werden kann (vgl. oben offener Brief «Break the code!»).

Ich bin sehr gespannt auf dieses Zusammentreffen und auf die Begegnung mit Nemo. Nemo hat die Schweiz bewegt und einen wichtigen gesellschaftlichen Lernprozess angeschoben, den die Politik bisher immer wieder gebremst hat. Gerade in schwierigen Zeiten ist es ermutigend zu sehen, wie viel in kurzer Zeit möglich ist – auch in unserem Land.


Danke für die Unterstützung!

Zum Schluss ein riesiges Dankeschön an alle Spender:innen, die meine Arbeit im Bundeshaus ermöglichen. Effizientes Lobbying wäre ohne diese Unterstützung nicht möglich! Gerne halte ich Sie auf dem Laufenden, was wir gemeinsam in Bern bewegen können.

Unterstützen Sie uns mit einer Lobbying-Spende? Damit können wir WeCollect-Projekte direkt im Bundeshaus vertreten. Herzlichen Dank!

 

Stiftung für direkte Demokratie
Die erste Crowd-Stiftung der Schweiz

Die Stiftung fördert die politische Partizipation der Bevölkerung und unterstützt zivilgesellschaftliche Projekte, welche sich für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung und Nachhaltigkeit einsetzen.

Gegründet 2020 als Stiftungsfonds unter dem Dach von Fondations des Fondateurs, gewährleistet die Stiftung den Betrieb der Demokratie-Plattform WeCollect und stellt digitale Werkzeug für die Lancierung von Initiativen und Referenden kostenlos zur Verfügung.

Als erste Crowd-Stiftung der Schweiz steht sie auf den Schultern einer wachsenden Community von engagierten Bürger:innen. Sie finanziert die laufenden Projektarbeit durch Spenden und Gönnerschaften.

 

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